Also, jetzt mal ehrlich: Prora spaltet ja die Gemüter wie kaum ein anderes Bauwerk auf Rügen. Immer dieses Gejammer über "passt nicht zur Insel" – als ob der Ort nicht längst mehr ist als bloß ein Relikt oder Schandfleck. Wer da immer noch an DDR-Platten denkt, hat einfach gepennt. Genau diese Reibung, das Sperrige, ist doch eigentlich der spannendste Teil an Prora. Wer sucht denn heute noch nach der x-ten Bäderarchitektur wie in Binz? Prora ist – ob’s einem gefällt oder nicht – ein riesiges, brutal ehrliches Stück Zeitgeschichte. Und nein, das ist keine Einladung zum Kuscheln, das ist eine Einladung zum Hinschauen.
Anstatt dieses "och, ist das schön oder hässlich?", sollte man sich mal fragen: Was kann so ein Ort eigentlich für moderne Besucher leisten? Prora ist doch prädestiniert für mal richtig ungewöhnliche Erlebnisse – klar, die Hotels und Ferienwohnungen sind am Start, aber warum gibt’s hier keine Nächte im alten Trakt, Kunst- oder Musikfestivals IN diesen Wänden oder gar ein Escape Game, das sich der düsteren Geschichte stellt? Und ja, ein paar der Ruinen sind noch frei… was spricht dagegen, da temporäre Pop-up-Galerien oder Off-Theater reinzupfeffern? Was Prora ausstrahlt, ist so was wie eine riesige Betonleinwand für neue Konzepte. Heimat für Kontraste. Wäre jedenfalls innovativer, als wieder eine Shopping Mall zu planen, sorry.
Wer also zu Prora fährt, sollte nicht nur auf Strand und Doku-Zentrum schielen. Wer ein bisschen Grips hat, der erkennt hier einen Ort, an dem man sich mit Vergangenheit UND Zukunft gleichzeitig auseinandersetzen kann, und das ist verdammt selten in Deutschland. Diese "Kann man da gut und preiswert wohnen?"-Fragen sind nett, aber langweilig. Sucht euch doch mal was, das einen wirklich rauskickt aus dem üblichen Urlaubsmodus. Ich sag: Die Insel braucht mehr Mut zu Ecken und Kanten.