Mir fällt auf, dass in den letzten Jahren viele kleine Verbesserungen im ÖPNV auf Rügen umgesetzt wurden—gerade in den Ballungsorten wie Binz oder Sassnitz haben wir ein recht ordentlich getaktetes Angebot, zumindest tagsüber. Trotzdem ist aus meiner Sicht das Gesamtsystem für Gäste wie auch für Einheimische in den Randzeiten nicht zuverlässig genug, vor allem sobald man sich Mukran, Lohme oder Prora nähert oder später zurückkehren will. Gerade Touristen, die einmal länger an einer Attraktion verweilen oder spontan umplanen, merken dann schnell, dass Wartezeiten von einer Stunde und mehr eigentlich die Regel sind… Da hilft einem dann auch kein ausgedruckter Fahrplan von vorne bis hinten. 🚎
Eine Perspektive, die bislang hier wenig diskutiert wurde: Warum gibt es kein Pilotprojekt für bedarfsgesteuerte Mini-Shuttles—ähnlich wie die On-Demand-Angebote in anderen Regionen? Gerade in der Nebensaison könnten diese mit kleineren Fahrzeugen und flexiblen Strecken individuell auf Abruf fahren, statt leere Linienbusse über die Dörfer zu schicken. Das hätte zwei Effekte: Weniger Leerfahrten und bessere Abdeckung für Einheimische – und wenn’s gut läuft, steigt vielleicht auch die Akzeptanz, das eigene Auto öfter stehenzulassen. Hat dazu jemand Erfahrungen oder Ideen? Hier in Mukran stehe ich manchmal 40 Minuten an der Straße und frage mich, ob nicht so ein System längst überfällig wäre.
Die starke Abhängigkeit vom PKW steht für mich auch deshalb im Zwiespalt, weil die Verkehrsbelastung im Sommer wirklich enorm ist. Viele meiner Übernachtungsgäste in Binz berichten, dass gerade die Zufahrtsstraßen Richtung Jasmund-Nationalpark oder nach Lohme an Spitzentagen schlichtweg dicht sind. Ein Sofortprogramm für Fahrradverleih-Stationen an jedem größeren Busbahnhof (oder noch besser: direkt an den Haltestellen der Nebenlinien)—das wäre aus meiner Sicht ein echter Gewinn, auch für die kleineren Orte. Die Kopplung Bus + Fahrrad wird bislang immer noch stiefmütterlich behandelt, obwohl viele Urlauber gern spontan aufs Rad umsteigen würden, wenn es unkomplizierter wäre.
Was ich auf keinen Fall möchte, sind großflächige Infrastrukturprojekte, die die Insel weiter zerschneiden. Pläne für ein LNG-Terminal in Mukran halte ich schon aus rein touristischer Sicht für einen Fehler: Es steht sinnbildlich für die falsche Verkehrs- und Energiepolitik auf der Insel. Stattdessen sollte man Mittel gezielt in emissionsarme Insel-Mobilität lenken – autonome, kleine E-Shuttles, E-Bus-Flotten, Radwegenetz (endlich durchgängig, bitte!) und Ticket-Systeme, die wirklich einfach zu bedienen sind. Und ganz pragmatisch: ein Touristen-Ticket, das nicht nur für Rasenden Roland oder einzelne Linien gilt, sondern für alle Verkehrsangebote gilt—auch die Binzer Bäderbahn und private Anbieter.
Abschließend noch ein Gedanke: Die Leute kommen wegen der Entschleunigung nach Rügen, nicht wegen Benzingeruch oder Dauerstau. Der ÖPNV könnte ein echtes Markenzeichen werden… Aber es braucht mehr Mut und weniger halbherzige Schnellschüsse. (Hab übrigens grad meine Tasse Kaffee über’s Notizbuch gekippt. Naja, so ein Montag halt…)