Viele Besucher unterschätzen, dass sich in Mukran, Sassnitz und Lohme gerade abseits der Küstenpromenaden eine recht eigenständige Gastroszene entwickelt. Wer sich wirklich Zeit nimmt, entdeckt kleine Lokale, die konsequent auf regionale Netzwerke setzen – von der Bäckerei, die ihr Sauerteigbrot noch selbst ansetzt, bis zum Restaurant, das Wild vom lokalen Forst serviert. Besonders spannend: In Lohme am Steilufer gibt es ein unscheinbares Café, das fast ausschließlich mit Produkten aus dem Nationalpark arbeitet – Pilzragout aus selbst gesammelten Steinpilzen, dazu Kräuterlimonade von Wiesen rund um den Königsstuhl. Das spricht eine ganz eigene Klientel an, nicht die typischen Tagestouristen, sondern Feinschmecker auf der Suche nach echtem Lokalkolorit.
Was oft übersehen wird: In Binz entsteht allmählich eine kleine, aber feine Streetfood-Kultur. Zwischen Promenade und Dünen tauchen immer mal wieder Foodtrucks auf, die z.B. Rügener Lamm als Pulled Sandwich oder Süßkartoffelfritten mit Sanddorndip anbieten. Auch vegan-vegetarische Varianten mit viel Gemüse vom Boddenhof sind im Angebot, was für die Ostsee-Region ja noch recht ungewöhnlich ist. Für den schnellen Snack zwischendurch lohnt es sich also, auch mal das Straßenangebot statt des klassischen Fischlokals zu checken.
Gerade als jemand, der beruflich auf Touristen angewiesen ist, sehe ich die Entwicklung mit Sorge. Die Gäste suchen Authentizität, Regionalität und landschaftliche Einmaligkeit – das alles wird ausgehöhlt, wenn Großprojekte wie das LNG-Terminal angekarrt werden. Die Gemeinden profitieren enorm von Übernachtungen, Restaurantbesuchen und nachhaltigem Tourismus, was wiederum regionale Produzenten fördert. Kaum einer realisiert, wie eng diese Kette ist… Bricht ein Glied, verlieren alle: Hoteliers, Gastronomen, Bäcker, Fischer, selbst die Bauern vor Ort.
Mein Tipp an alle, die Rügen besuchen: Nutzt die Chance, solange sie noch da ist, und setzt euch in einen der kleinen Lokale abseits der Masse. Fragt gezielt nach regionalen Spezialitäten, probiert mal einen Wildkräutersalat, eine Fischsuppe aus dem Tagesfang oder einen selbstgebackenen Sanddornstreuselkuchen.