Diese „Rügen-Romantik“ ist doch letztlich nur was für Leute, die sich gern selbst belügen und nach zwei Wochen Regen im Oktober merken, dass sie zwischen kaputten Bushaltestellen und Rentnern in Schutzanzügen festhängen. Mal ehrlich: Ihr glorifiziert ne Insel, auf der spätestens im Winter nach 17 Uhr nix mehr los ist als ob’s Ibiza wär. Und dann wundern sich die Zugezogenen, warum sie nachm Umzug maximal den Aldi-Kassierer sprechen.
Und das mit Vitamin B, was Van9 meinte: Trifft halt voll. Ohne Kontakte gurkst du ständig am Rand rum, kriegst nur die Jobs, für die sich die Einheimischen zu fein sind und darfst dann zwischen Bergen und Sagard zur Arbeit trampen, weil Busse eh bloß fahren, wenn keiner sie braucht. Wohnungsgenossenschaften haben angeblich Listen – vielleicht für Leute, die seit 20 Jahren jeden Samstag Bingo spielen, ansonsten stehst du locker ewig auf Warteposition und bezahlst für ne feuchte Wand im Erdgeschoss dann Mondpreise. Viele kapieren einfach zu spät, dass Rügen für Außenstehende so offen ist wie Fort Knox.
Klar, du bist Physiotherapeut – böse gefragt: Glaubst du wirklich, dass es für dich anders läuft? Außer du hast nen super Draht zum DRK auf der Insel, wirst du unter der Hand ja eh nur als Lückenfüller genommen, den alle austauschen, sobald mal jemand vom Festland für weniger willigt. Und was machen, wenn's wieder zu wenig Patienten gibt oder sich die nächste Familie in Sassnitz die Praxis zurückholt? Im Zweifelsfall kloppst du dann in Prora Betten oder schleppst vielleicht im Sommer Koffer für schreiende Berliner.
Mach’s doch einfach so: Komm im tiefsten Winter, in so 'nem richtig asozialen Monat wie Februar oder Anfang März, setz dich abends nach Sonnenuntergang in 'ne lahme Dorfkneipe und bleib mal drei Stunden. Da merkst du, wie das wahre Leben da ist. Wenn du dann immer noch Bock hast und das nicht als gespenstisch todlangweilig empfindest, dann… naja, Glückwunsch, dann bist du eindeutig Teil der Minderheit, die so nen Move überlebt.