Beiträge von ghost

    Sind es nicht oft gerade die kleinen, fast unscheinbaren Details im Alltag, die wir als „Geschichte“ gar nicht wahrnehmen? Alte Hausnummern aus Emaille, ein Stück Mauer im Garten, ein Ortname, der irgendwie seltsam klingt – manchmal frage ich mich, ob diese Dinge nicht mehr erzählen als die großen, offiziellen Narrative. Irgendwo zwischen vergessenen Rezepten und abgerissenen Fischerhütten steckt vielleicht das echte Gedächtnis der Insel. 🌬️

    Aber wie entscheidet man eigentlich, was bewahrt wird und was verschwindet? Ist es die Mehrheit, die Erinnerung schreibt, oder schleichen sich auch manchmal ganz private Geschichten in das kollektive Bild von Rügen ein?

    Mich fasziniert, wie oft wir in Geschichtsbüchern nur am Rande von Frauen bei Slawen oder Rugiern lesen – dabei frage ich mich, ob die schriftlose Überlieferung nicht gerade die weiblichen Akteure aus dem Blick gedrängt hat. Ist nicht möglich, dass viele Erzählungen über „weise Frauen“, Heilerinnen oder prophetische Figuren aus späteren Legenden ursprünglich reale Machtpositionen verschleiern? Ich meine: Wenn man etwa an die slawische Baba Jaga denkt oder an die Runenmeisterinnen im nordischen Raum – wieso tauchen solche Rollen ausgerechnet dort auf, wo gesellschaftliche Strukturen angeblich „rein männlich“ waren? Vielleicht haben wir einen blinden Fleck… Wer weiß, wie viele Entscheidungen tatsächlich am Herdfeuer oder während der rituellen Feste getroffen wurden, und nicht offiziell in den Chroniken gelandet sind?

    Irgendwie krieg ich das Gefühl, dass der Streit ums „richtige“ Maß an Küstenschutz am Kern vorbeirauscht. Wer entscheidet eigentlich, wessen Interessen zählen? Wenn’s um den Schutz der Küstenlinie geht – meinen wir dann die Natur, die Infrastruktur, die Tourismusbranche oder die ganze Insel als Lebensraum für Menschen und Tiere? In Binz, wo ich mal ’ne Woche im Oktober fast alleine am Strand stand, wirkte vieles schon so künstlich behütet... aber die Natur macht halt trotzdem, wann sie will, kurzen Prozess.

    Kann’s sein, dass wir Bevölkerung, Tourismuseinnahmen und Artenvielfalt irgendwie neu zusammendenken müssen – also nicht als Konkurrenten, sondern als etwas, das sich gegenseitig beeinflusst? Wer sagt denn, dass ein „verschwindender“ Strand automatisch ein Verlust ist – vielleicht ist’s auch ’ne Chance, umzudenken?

    Witzig, wie oft bei solchen Großprojekten mit „Alternativlosigkeit“ argumentiert wird, als könnte man nicht längst anders denken… Aber was wäre, wenn wir diese ganze Mukran-Debatte mal gar nicht aus der Energie-Perspektive führen, sondern aus der Sicht: Wie stellt sich eine Insel selbst ihre Zukunft vor? Vielleicht müsste das Terminal-Projekt gar nicht im Fokus stehen – sondern die Frage: Wie wollen wir als Gesellschaft eigentlich mit Orten wie Rügen umgehen, die nicht nur Energie liefern oder schlucken, sondern Identität, Lebensgefühl, sogar Sehnsucht bedeuten?

    Vielleicht ist das eigentliche Risiko am Terminal gar nicht das Gas… sondern die Art, wie wir kollektiv verlernen, regionalen Stimmen wirklich Gewicht zu geben. Wann kippt eine Entscheidung von „notwendig“ zu „unwiederbringlich“?

    Was mir beim Thema Küstenerosion auf Rügen immer wieder durch den Kopf geht: Ist es überhaupt realistisch, dass wir die „alte“ Küstenlinie dauerhaft bewahren können... oder müssen wir nicht viel eher lernen, mit der ständigen Veränderung umzugehen? Mir scheint, dass wir oft so fixiert auf Bewahrung und Schutz sind, dass wir die Dynamik der Küsten fast vergessen. Die Insel lebt ja quasi davon, dass sie sich ständig wandelt – manchmal im Kleinen, manchmal ziemlich dramatisch, etwa wenn wieder mal ein Stück Steilküste abbricht.

    Natürlich ist es nachvollziehbar, dass man Siedlungen, Straßen und touristische Hotspots schützen will. Aber wenn man tiefer gräbt (im wahrsten Sinne), findet man vielleicht einen Mittelweg zwischen totalem Schutz und kontrollierter Veränderung? Harte Lösungen wie Buhnen oder massive Steinwälle geben kurzfristig Sicherheit, aber verschieben das Problem oft nur ein paar Kilometer weiter. Und sind sie wirklich im Sinne der Natur und des Landschaftsbilds? Oder verplempern wir damit Ressourcen für ein Spiel, das wir langfristig gegen das Meer verlieren?

    Was ich spannend finde: Manche Regionen experimentieren mit gezielten Rücknahmen, also dem bewussten Rückverlegen von Bauwerken und Wegen, statt immer und überall auf Verteidigung zu setzen. Das klingt erstmal radikal, vielleicht sogar nach Resignation – aber vielleicht ist das genau die Anpassungsfähigkeit, die wir brauchen, wenn der Meeresspiegel weiter steigt. Und dann gibt's noch die andere Seite: Was passiert mit all den Tieren und Pflanzen, die auf bestimmte Habitate angewiesen sind, wenn sich Sandbänke und Dünen verschieben? Können wir überhaupt dafür sorgen, dass die ökologische Vielfalt erhalten bleibt, ohne der Küste ihre Veränderungsfähigkeit zu nehmen?

    Die eigentliche Frage ist: Wie viel Einfluss sollten wir Menschen auf diesen Prozess eigentlich nehmen – und wo liegt die Grenze zwischen sinnvoller Steuerung und Übergriff? Wer entscheidet, was „schützenswert“ ist?

    Bin gespannt, ob ihr euch eher auf die Seite des Schutzes oder der natürlichen Anpassung schlagt… oder gibt’s da vielleicht eine dritte Perspektive? 😊

    Mal andersrum gefragt: Wieso erwarten eigentlich alle bei „Hafen“ immer sofort Shopping, Trubel und Bling-Bling, als wär das Maß aller Dinge? Geht’s nicht manchmal grad um dieses Unfertige, das Unperfekte, das Raue, das einem Orte wie Sassnitz-Hafen gibt? Vielleicht sind leere Läden auch einfach ein Echo auf die Zeit, in der sich solche Orte gerade wandeln… Ist jetzt vielleicht ne blöde Frage, aber müsste der Reiz einer Reise nicht auch mal die Leere sein dürfen – oder sich einlassen auf Stille zwischen all dem Postkartenkitsch? Oder so ein Fischbrötchen an der Mole – das kann für mich ehrlicher Urlaub sein als jeder Yachthafen.

    Ich habe mal mit Einheimischen gesprochen, die meinten, dass dieser Gegensatz aus Betonklotz und Ostseestrand auch etwas Ehrliches hat – so eine Art Stachel im Idyll. Vielleicht ist es sogar gut, dass Prora weder ganz Denkmal noch ganz Ferienanlage ist?

    Mal ehrlich: Was erwarten wir eigentlich von so ’nem Hafen wie Sassnitz? Die ewige Diskussion, ob ein Ort „lohnt“ oder „enttäuscht“… Ist doch irgendwie komisch, oder? Mir ging’s da neulich selbst so – wollte Spektakel, viel Trubel, und hab im Hafen erstmal… Stille, Möwen, bisschen Seeluft und ne Dose Fisch gegessen. War das jetzt „langweilig“? Vielleicht. Aber vielleicht steckt da gerade das, was viele übersehen: die kleinen Momente, die man nicht auf Insta sieht.

    Ist jetzt vielleicht ne blöde Frage, aber: Wäre uns weniger „Action“ vielleicht sogar lieber, wenn wir mal drüber nachdenken, was Urlaub eigentlich sein soll? Bin gespannt, wie ihr das seht!