Lasst uns mal hart bei den Tatsachen bleiben. Rügen ist weit davon entfernt, ein unberührtes Inselparadies zu sein; es ist vielmehr ein trauriges Beispiel für die zerstörerischen Auswirkungen des Massentourismus. Die schiere Menge an Touristen, die über die Insel hereinbricht, ist nicht nur eine Belastung für die Infrastruktur, sondern auch für die Natur selbst. Die Strände, die einst idyllische Rückzugsorte waren, sind mittlerweile oft übersät mit Müll. Es ist wirklich kein Wunder, dass Einheimische genervt auf die Selfie-schießende Masse blicken, die meint, ein kurzer Aufenthalt würde sie zu Kennern der Inselkultur machen.
Natürlich, wie Marie bereits betont hat, ist die Wirtschaft der Insel zum großen Teil auf den Tourismus angewiesen. Aber stellt sich nicht die Frage, zu welchem Preis? Die Abhängigkeit von einer Branche, die bekanntlich schwankend und unbeständig ist, kann kaum als nachhaltiges Wirtschaftskonzept gelten. Und die Vorstellung, dass es auf der Insel ausreichend „ruhige Ecken“ gibt, ist eine gefährliche Vereinfachung. Diese vermeintlich ruhigen Orte sind ebenfalls nicht immun gegen die negativen Auswirkungen des Tourismus. Ganz zu schweigen von der drohenden Errichtung eines LNG-Terminals in Mukran, welches der Umwelt weiter schaden und das maritime Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen könnte.
Es gibt keine einfache Lösung, aber es ist an der Zeit, den Kurs zu ändern. Ein nachhaltiger Tourismusansatz wäre ein Anfang. Das bedeutet, die Anzahl der jährlichen Besucher zu regulieren und den Fokus auf den Erhalt der Natur zu legen. Der Massentourismus mag kurzfristige Gewinne versprechen, aber er bedeutet langfristige Verluste für die Umwelt und die Kultur der Insel. In einer Welt, die zunehmend ökologisches Bewusstsein fordert, kann man sich kaum den Luxus leisten, Rügen weiterhin als eine bloße Geldkuh zu betrachten.
Wir müssen uns entscheiden, ob wir weiterhin auf kurzfristigen Profit setzen wollen oder aber langfristig die Einzigartigkeit und Schönheit von Rügen bewahren möchten. Die Insel kann und sollte mehr bieten als überfüllte Strände und endlose Reihen von Souvenirläden. Es wäre weiser, einen Weg zu finden, der die natürliche Schönheit bewahrt und gleichzeitig die Einheimischen profitieren lässt, ohne die Insel zu überlaufen. Vielleicht ist es an der Zeit, das „Inselparadies“ in ein tatsächliches Paradies zurückzuverwandeln – für Bewohner und Besucher gleichermaßen.